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Toten-Gedenkbretter bei der Felsmühle
- ein Stück Kulturgut für die Zukunft -

Von Anni Zeitler

Bild Martin Hößl

Als geschichtsträchtig erwies sich die Einweihung und Vorstellung der errichteten Gedenkbretter an der Felsmühle am 20. Oktober 2001, dem Nachmittag des Kirchweihsamstags. Als ein „Stück Kulturgut und eine Bereicherung für Stadt und Heimatverein“ wertete diese Bürgermeister Helmuth Wächter. Der Heimatvereinsvorsitzende Werner Biersack nannte die „wunderbar gestalteten Bretter“ eine Erinnerung an frühere Traditionen und für die Zukunft als ein in der gesamten Region einmaliges Denkmal an Verstorbene unserer Vorstadt. Auch die Geistlichen, Pfarrer Hans Bayer und Harald Ihlefeldt (Windischeschenbach) betonten vor dem Segnungsakt die Bedeutsamkeit solcher Symbole.
Kreisheimatpflegerin Leonore Böhm sah für die Nachwelt in den Brettern „Erinnerungszeichen an alte Grafenwöhrer Bürger, die den Steg, die Brücke, den Rubikon schon überschritten haben“.
Dieser historische Anlaß war, wie man so schön sagt, einfach „rund und stimmig“: Kirchenchor und Stadtkapelle, unter Leitung von Toni Erhart, bzw. Benno Bertelshofer, hatten Gesang und Musik abgestimmt, beeindruckend die Ausführungen der Redner, der Schmuck aus Herbstlaub und grünem Buchs sollte künden von verwobenem Werden und Vergehen. Und gerade rechtzeitig drängte eine milde Herbstsonne die dichten Nebelschwaden beiseite und verlieh damit der eher besinnlichen Stunde einen freundlichen Glanz!
Mit „Pauken und Trompeten“ der Stadtkapelle zog von der Felsmühle aus eine „Prozession“ zum nahen Prozessionsaltar, hin vor die noch mit Jutetüchern verhüllten Bretter. Bürgermeister Helmuth Wächter zeigte sich „überrascht über den großartigen Besuch“ und das Interesse aus der Bevölkerung am Wiederaufleben eines „geschichtlichen Brauches“ etwa an der Stelle, wo einst Totenbretter mit Namen von Bürgern aus der Vorstadt standen. Sein Gruß galt insbesondere den Geistlichen, Stadtkapelle und Kirchenchor, der Kreisheimatpflegerin Leonore Böhm. Initiator Heiner Zeitler und dem Gestalter der Gedenkbretter, Albert Hößl, sprach er gleichzeitig namens von Stadt und Stadtrat Dank und Anerkennung aus.

Bild Martin Hößl

Der Vorsitzende des Heimatvereins Werner Biersack wies auf die Bedeutsamkeit von Gedenkbrettern hin, die in Grafenwöhr einmal im Grabengrund, an der Schaumbachmühle sowie am Fels-mühlkreuz gestanden hatten. „Wir vom Heimatverein bedauern, das all diese Totenbretter verschwunden sind!“ Um so mehr habe die Idee von Heiner Zeitler „nicht nur uns, sondern auch viele Helfer, und besonders die Familien aus der Vorstadt, deren Vorfahren auf den Gedenk-Brettern stehen, „äußerst positiv gestimmt“. Biersack dankte namentlich allen, die zu deren Verwirklichung beitrugen. Er würdigte die Idee und die umfangreichen Leistungen von Heiner Zeitler um die Anbringung von Gedenkbrettern. In diesem Zusammenhang nannte er alle, die dankenswerterweise durch Sachspenden bzw. Arbeitseinsätze zur Verwirklichung beitrugen: Elisabeth Becker stiftete die Marienfigur am Prozessionskreuz, Malermeister Hans Hößl reparierte die Mauer und renovierte die IHS-Tafel, die Steinmetzfirma Franz Reiter spendete und montierte die Granitabdeckplatten auf der alten Mauer. Albert Hößl restaurierte Kruzifix und Marienfigur, beschriftete darüber hinaus die Bretter und Spruchtafeln, hergestellt von der Firma Brautfelder. Schmiedemeister Karl Harrer fertigte verzinkte Halterungsrohre, von Horst Zinn stammen die schützenden Kupferbleche. Die Stadt stellte die vier Lindenbäume bereit, Franz Bauer übernahm das Pflastern der Anlage. H. Steger vom Straßenbauamt Eschenbach veranlaßte schließlich die Grabenverrohrung und das Planieren des Platzes. Die Familien Kneißl und Zeitler pflegten die bisherige Anlage. Zeitgleich nahmen Bürgermeister Helmuth Wächter, Bürgermeister a.D., Walter Asam, Kreisheimatpflegerin Böhm und Werner Biersack die Enthüllung vor. Die Namen von 28 Personen auf 14 Brettern kamen zum Vorschein, versehen mit Geburts- und Sterbedatum. Die Erwähnung von alten Hausnamen dient dem Betrachter nicht nur der Erinnerung, sondern auch dem besseren Zurechtfinden und zuordnen. Sind sie doch verflochten mit einer ganz beträchtlichen angestammten Bürgerschaft.

Einen geschichtlichen Abriss über Sinn und Zweck von Totenbrettern gab Kreisheimatpflegerin Leonore Böhm. Ihr Beitrag wurde allgemein als sehr wertvoll bezeichnet, da „Leute von heute“ oft mit einer solchen Historie nichts, zumeist nur wenig anfangen könnten. In der chronologischen Abhandlung ließ Leonore Böhm auch Bürger wie Sofie Bucher und Richard Pappenberger zu Wort kommen. Sie berichtete von Gegebenheit der alten, 1965 beim Aus- und Umbau der Felsmühl-, bzw. Pechhofer Straße versetzten Anlage. „2001 sind wir da, um wieder Bretter zu segnen. Es sind keine Totenbretter mehr, wohl aber Erinnerungszeichen an alte Grafenwöhrer Bürger, die den Steg, die Brücke, den Rubikon schon überschritten haben. Die Bretter waren die Brücke, über welche die Toten in die jenseitige Welt gelangten. Die Anbringung von Wasserläufen beruht auf dieser Vorstellung.“

Bei den neuen Gedenkbrettern gehe es auch um Bewusstseinsbildung, aus welcher Kraft und welchem Geist wir leben, betonte Gebet begleitend Pfarrer Harald Ihlefeldt. Wir Menschen heute seien sehr „bewegte Menschen“, denen manchmal die Orientierung verloren gehe, und bei einem Todesfall aus der Bahn geworfen würden. „Diese Bretter am Wege können Hinweis sein, dass Gott alle Wege mit uns geht, auch durch den Tod hindurch!“ So wären diese nicht nur Zeichen der Erinnerung, sondern auch der Hoffnung, so Stadtpfarrer Hans Bayer. Mit dem beziehungsreichen Buch „Die Ober-pfalz - faszinierende Landschaft in der Mitte Europas“, zeichnete Helmuth Wächter und Werner Biersack, namens von Stadt und Heimatverein, Heiner Zeitler und Albert Hößl für ihre Verdienste aus.

Nach Segnung, Gesang und Musik, lud der Bürgermeister alle ein in den Gasthof „Stich‘n“. Dort machten die Sängerinnen und Sänger um Toni Erhart den Tag „rund“ mit einem Potpourri. Eine „Erdäpflsuppn“, wie sie vorgetrugen, gab es zwar nicht, dafür aber reichlich Kuchen und Kaffee, gespendet von „Nachfahren der Vorfahren“! Das Lied „Ein schöner Tag“ stimmte exakt, und speziell für Heiner Zeitler wurde „Das Wandern ist des Müllers Lust“ angestimmt!

Bild Martin Hößl

Symbolhaftes Gesteck

„Zu einem Fest gehören Blumen“, betonte Kreisheimatpflegerin Leonore Böhm. So hatte sie zur Feier des Tages ein Gesteck von „rustikalem Charme“ mitgebracht, das sie wie folgt erläuterte: „Die Heide hat den Sinn, dass die Felsmühle in den Jahren 1568 und 1570 dort lag, wo sich Fuchs und Hase „Gute Nacht“ sagten. - Die blauen Herbst-astern symbolisieren den Mühlbach, der seit 1569 Wasser auf die Mühle brachte. - Die Ähren sind Zeichen der ehemaligen Mühle, deren Lebensinhalt es war, Getreide zu Mehl zu mahlen für Mensch und Tier. - Der Flachs reichte auch weit in die Vergangenheit zurück. Als im Jahre 1618 der Felsmüller ein Gesuch einbrachte eine Leihmühle errichten zu dürfen, machte der 30jährige Krieg dieses Vorhaben zunichte. - Der Sandstein beschreibt die Lage der Mühle bei den Felsen der Mühlleite. Die anderen drei Grafenwöhrer Mühlen lagen alle in der breiten Ebene. - Die aufstrebende Form der Gestaltung ist auch durchaus wörtlich zu nehmen: Es möge für uns alle aufwärts gehen in Familie, Nachbarschaft und Ge-meinde!“
Für ihre Bemühungen überreichte Bürger-meister Helmuth Wächter an Leonore Böhm einen Buch-Gutschein.