Vor 55 Jahren |
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Ein 53 jähriger Angestellter legt seine Eindrücke folgendermaßen nieder: Grafenwöhr, 15. April 1945. Am Weißen Sonntag, 8. April erfolgte der zweite und schwerste Angriff. Wir waren gerade beim Mittagessen, da gab es Alarm. Alles lief dem Annaberg, den Felsenkellern zu. Ich selbst fuhr mit dem Rad zum Schönberg. Es war ein sonniger Tag mit wolkenlosem Himmel. Nicht lange, dann kamen sie, diesmal von Südwesten, Welle auf Welle. Dann hörte man ein Brausen wie bei einem Gewittersturm und schon schlugen
die Bomben im Lager ein. Ich konnte vom Schönberg aus alles genau sehen,
hatte auch mein Fernglas dabei. |
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Es war ein grausiger Anblick. Die Luft wirbelte von Steinen und Erde. Und immer Schlag auf Schlag, dumpf und schauerlich. Es waren 15 Staffeln zu je 13 Bombern. Die Einschläge rückten immer näher auf die Stadt heran. Es wir nichts mehr zu sehen als Feuer und Rauch, dazu kam noch ein Sturmwind, der alles durcheinanderjagte. Als ob die Welt untergehen sollte! Die Menschen schrien und weinten. Der Luftdruck der einschlagenden Bomben riß mich fast zu Boden. Als der Angriff vorbei war, fuhr ich mit dem Rad schnell nach Hause. Unsere Straße (Neue Amberger) sah fürchterlich aus: Steine, Balken, Holztrümmer lagen wirr durcheinander. Bettfedern flogen umher. Es roch eklig nach Brand und Rauch. Unser Haus stand noch, aber alle Fenster waren zerbrochen, das Dach war abgedeckt und die Scheune abgebrannt. |
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Ich ging schnell ins Haus, sprang auf den Dachboden und spritzte alles mit Wasser ab, so daß die Funken, die der Wind umhertrieb nicht mehr so leicht zünden konnten. Dann kam auch die Feuerwehr. Sie vermochte aber nicht viel zu tun, weil teilweise die Wasserleitungen unterbrochen waren. Ein Volltreffer hatte das Horschelthaus zertrümmert und 6 Personen die sich in dem gut ausgebauten Luftschutzkeller geflüchtet hatten, verschüttet. Sie konnten nur als Leichen geborgen werden. Es gab viel Not und Elend um und um. |
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Im Friedhof befanden sich drei Bombentrichter. Das dortige Kriegerdenkmal erhielt auch einen Volltreffer und ist verschwunden. Außerdem waren viele Grabsteine umgeworfen und beschädigt. Auf der äußeren Neuen Amberger Straße bis zum Gaismannskeller lagen Masten, Drähte, Eisenbahnschienen, Militärfahrzeuge aller Art und alle möglichen Dinge. So endete dieser Sonntag als der schwärzeste Tag in der Geschicht Grafenwöhrs. Die Fliegeralarme aber gingen Tag für Tag weiter. Es war kaum mehr zum Aushalten. Man konnte nichts mehr arbeiten, man wurde innerlich ganz fertig. Die Leute verließen schon am Morgen die Wohnungen und suchten die Felsenkeller auf dem Annaberg auf oder verloren sich in den umliegenden Wäldern. Sie nahmen Essen und Trinken mit und blieben den ganzen Tag draußen. Die Stadt war ausgestorben. Auszug aus „Geschichte der Stadt Grafenwöhr (Schenkl-Richter)“ |
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